Kompass-Newsletter No. 91 - 11+12/2020

 

„Rassistischer Vollidiot“ abgewählt +++ 9. - 21.11.: Kampagne „Abschiebefrei“ gegen Lufthansa +++ 26.11.: Next Online event from Sea to City +++ (Charter)Abschiebungen um jeden Preis +++ Alarm Phone Sahara zu Abschiebungen von Algerien in den Niger +++ Amnesty Kampagne für El Hiblu 3 +++ Sechs Jahre Alarm Phone und aktuelle AP-Berichte zu Ägäis und Western Med +++ Article: The EU's Pact against migration +++ Migration Control Newsletter Nr.1 +++ Transnational Social Strike: neue Broschüre zum letzten Aktionstag

Liebe Freundinnen und Freunde!

Er wird das Weiße Haus verlassen müssen, der „rassistische Vollidiot“. So hatte Toni Morrison in einem Interview 2018 in der Frankfurter Rundschau Trump treffend bezeichnet und angefügt: „Ich werde alles tun, um diese historische Entgleisung zu überleben.“ Leider ist Toni Morrison im August 2019 verstorben und die US-Wahlen zeigen: Trump hat zwar verloren, aber trotz (oder mittels?) vier Jahren notorischer Lügen, Egomanie und fortgesetzter rassistischer und sexistischer Hetze über 70 Millionen Stimmen erhalten. Mehr noch als 2016. Wer mit Morrison hoffte, dass Trump nur das letzte Aufbäumen der untergehenden WASPs (White Anglo-Saxon Protestants) in den USA darstellt, wurde insofern eines bitteren Besseren belehrt. Nationalistische Propaganda, Spaltung, Machismus und rassistischer Populismus wirken immer wieder so verdammt tief und breit.

Denselben widerwärtigen Denkmustern folgt die Abschiebe- und Ausgrenzungspolitik in der EU und in Germany. Im Corona-Lock-Down Menschen in Frontex-Chartermaschinen nach Pakistan oder Äthiopien abzuschieben, zeugt ebenso von einer weiteren Brutalisierung des Grenzregime wie die Quarantänisierung in Elendslagern oder die anhaltenden Push-Backs im Mittelmeer. Die Verantwortlichen, die das jeweils organisieren, und die PolitikerInnen, die diese menschenunwürdigen und illegalen Praktiken veranlassen oder zumindest decken, sind weit davon entfernt, mit öffentlicher Ächtung oder gar konkreten Konsequenzen rechnen zu müssen. Selbst wenn – wie in der Ägäis unlängst der Fall – Mainstream-Medien das Unrecht nachweislich und im Detail skandalisieren.

Dass und wie der Kampf gegen Rassismus, Abschiebungen und die tödlichen Grenzen tagtäglich weitergeführt werden kann und muss, sei kurz an zwei aktuellen Beispielen ausgeführt, die jeweils bemerkenswerte Kontinuität demonstrieren:

„Es (f)liegt was in der Luft – struktureller Rassismus“, so der Titel eines von drei neuen Plakaten, mit der die Berlin-Brandenburger Noborder Assembly ihre im letzten Jahre gestartete Kampagne gegen Lufthansa fortsetzt und für November zu weiteren „abschiebefrei“-Aktionen aufruft. Das professionelle Adbusting erinnert sehr an die Deportation-Class Kampagne von kein mensch ist illegal Anfang der 2000er Jahre und wird hoffentlich ähnlich erfolgreiche Wirkungen auf die Corona-angeschlagene Airline zeigen.

Das WatchTheMed Alarm Phone ist im Oktober sechs Jahre alt geworden - sechs Jahre rund um die Uhr erreichbar und an der Seite der Menschen auf dem Meer! Im angehängten Kartenausschnitt sind fünf Kreise rund um Lampedusa markiert. Sie zeigen die Positionen von fünf Booten, die die Schichten des Hotline Projekts in der Nacht zum 3. November begleitet und bis zur Anlandung oder Rettung auf die Insel vor Sizilien unterstützt hatte. Tausende haben es in den letzten Wochen wieder aus Libyen nach Italien oder von Marokko auf die Kanaren oder über das Alboran Meer an das spanische Festland geschafft. Gleichzeitig sind erneut hunderte Menschen in diesen von der EU produzierten Todeszonen ums Leben gekommen.

Das Kompass-Team

P.S.: Wir verabschieden uns diesmal früher aus dem noch laufenden Jahr, dafür erscheint die nächste Ausgabe bereits in der ersten Januar-Woche 2021.