Kompass-newsletter Nr. 126 - 07+08/2024

21.8. bis 25.8. in Thüringen: We`ll Come United-Summercamp +++ Gedenkaktionen zum Pylos-Massaker am 14. Juni 2024 +++ The Nador-Melilla Border Trap - Border Forensics zum Massaker am 24. Juni 2022: +++ Interrupted Sea - Report on Pull and Push-Backs by the Tunisian border authorities +++ Civilfleet: Sea Eye gewinnt Gerichtsverfahren und bringt neues Schiff +++ Rückblicke: 8. Juni in Frankfurt, JoG in Potsdam, Refugees in Libya in Rom +++ Ausblick: Transborder Summer Camp III startet Vorbereitungen für Sommer 2025

Liebe Freundinnen und Freunde.

Die Europa-Wahlen haben zweifellos den Rechtsruck verstärkt, nicht nur in Germoney. Immerhin: in UK sind die Tories nach den vorgezogenen Wahlen erstmal Geschichte und mit ihnen wurde das Ruanda Abkommen begraben. Symbolisch wie praktisch bleibt dieses Scheitern wichtig, auch wenn den britischen Sozialdemokraten wie denen in Deutschland sofort andere, neue rassistische Verschärfungen zuzutrauen sind. Dann ein großes Danke an alle in Frankreich, die am vergangenen Wochenende sozusagen last minute dazu beigetragen haben, den nächsten rechtsextremen Take Over zu verhindern. Und als abschließende Wahlmeldung noch etwas Ermutigendes aus Italien, was über die dortigen Medien hinaus offensichtlich wenig bekannt geworden ist. Die Grün-Linke-Allianz konnte unter ihren sechs neu gewählten Abgeordneten drei Kandidaten mit besonderem Hintergrund ins EU-Parlament bringen: Ilaria Salis, eine antifaschistische Basisaktivistin, die über 16 Monate in Ungarn inhaftiert war und dann aufgrund ihrer Immunität sofort freigelassen werden musste; zweitens Domenico - Mimmo - Lucano, der unter Salvini als Bürgermeister von Riace wegen seiner Solidaritätspraktiken mit Geflüchteten kriminalisiert wurde; und schließlich Leoluca Orlando, der ehemalige Bürgermeister von Palermo, der sich wiederholt für das Recht auf Freizügigkeit und die Rolle der Städte als "sichere Häfen" eingesetzt hat. Wir gratulieren allen Dreien und hoffen auf zukünftige Unterstützungen aus Brüssel, wenn dort van der Leyen die Migrationspolitik weiter brutalisiert und die extreme Rechte nun noch lauter wird.

Im Juni fanden zwei Gedenktage kurz hintereinander statt: am 14.6.24 ein Jahr nach Pylos mit über 600 Toten, am 24.6.24 zwei Jahre nach Melilla mit mindestens 27 Toten und vielen Verschwunden. Zwei Orte, die für Massaker an den EU-Grenzen stehen und die bislang beide ohne Folgen für die Verantwortlichen bleiben. »Gerechtigkeit bedeutet, dass die griechische Regierung für die Toten zur Rechenschaft gezogen wird, dass diejenigen, die uns zum Ertrinken gebracht haben, zur Rechenschaft gezogen werden.« So formuliert es ein Überlebender von Pylos, deren Stimmen bei den Gedenkaktionen im Mittelpunkt standen. „The Nador-Melilla Trap - a counter-investigation into the racist massacre of 24 June 2022“ so lautet die Überschrift einer umfangreichen Untersuchung durch Border Forensics, die exakt zum zweiten Jahrestag veröffentlicht wurde. In dieser Recherche wird nicht nur die tödliche Falle selbst rekonstruiert, sondern es werden auch die Vorbedingungen analysiert sowie die Straflosigkeit und die Kriminalisierung der Betroffenen danach angeklagt.  

Wie bereits im letzten Jahr: trotz und gegen die brutale Gewalt an den Außengrenzen setzen sich weiter Tausende von People on the Move auf den verschiedenen Routen durch. Die Ankunftszahlen bleiben insgesamt um Einiges niedriger als 2023, was unter Anderem daran liegt, dass die tunesische Küstenwache viele Menschen vom Meer wieder zurück holt und nach Tunesien bzw. an die Grenzen zu Libyen und Algerien verschleppt. Doch in allen drei Mittelmeerregionen - bzw. im Westen auf den kanarischen Inseln - haben sich im ersten Halbjahr jeweils 20 bis 25 Tausend Menschen durchgeschlagen. Das bleibt beachtlich. Gleichzeitig wehrt sich die zivile Flotte im zentralen Mittelmeer - juristisch zum Teil sehr erfolgreich - gegen die willkürlichen Repressionen der italienischen Regierung. Immer noch und immer wieder werden nahezu jeden Tag Boote unterstützt und gerettet in der Zusammenarbeit von Alarm Phone, den zivilen Kleinflugzeugen und den großen und kleinen zivilen Rettungsbooten auf See, siehe https://civilmrcc.eu/category/diary/. Die Solidarität für Safe Passages bleibt auch diesen Sommer wieder auf allen Ebenen gefragt.

In diesem Sinne mit solidarischen Grüßen,

Die Kompass-Crew