Kompass-Newsletter Nr. 99 - 11/2021

 

Tripolis: selbstorganisierter Dauerprotest vor UNHCR +++ Demonstrationen in Polen ge­gen Menschenrechtsverletzungen und gegen Folter an polnisch-weißrussischer Grenze +++ München: Protestcamp vor der Zentralen Ausländerbehörde - Keine Abschiebungen nach Sierra Leone+++ 18.11. in Griechenland: Prozess gegen ECRI +++ 2.12.-5.12. in Stutt­gart: JoG gegen IMK +++ Ab 3.12. in Wiesbaden: Angehörige aus Hanau im Untersu­chungsausschuss +++ 10./11.12. in Wiesbaden: Block AfD Bundesparteitag +++ Moving Cities: neue transnationale Karte zu Sicheren Häfen +++ „From Sea to Prison“ - Bericht zur Kriminalisierung von Boat-Drivern in Italien +++ El Hiblu 3: Freedom Commission ge­startet +++ Migration Control: Neues zum EU-Migrations-Pakt +++ Transnational Social Strike: From Borders to Metropolis +++ Ausblick: Transborder Summer Camp im Juli 2022

LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE,

rund 3000 Geflüchtete und Migrant:innen organisieren seit mehreren Wochen einen Dauer­protest in Tripolis. Hintergrund sind brutale Razzien und massen­hafte Internierungen der libyschen Milizen Anfang Oktober. Bei einem Ausbruchsversuch sind sechs Per­sonen erschossen und viele weite­re schwer verletzt worden. Seit­dem kampieren und demonstrie­ren die Menschen vor dem UNHCR Gebäude. Für libysche Verhältnisse ist es der bislang größte und längs­te selbstorganisierte Protest, ge­tragen vor allem von sudanesi­schen und eritreischen Geflüchte­ten.

Am 28. Oktober hatte das „Präsidium“ des Protestcamps mit Unterstützung von Mediterra­nea und Amnesty in Italien zu einer Online-Pressekonferenz eingeladen. In beeindruckender Weise wurde live von vor Ort berichtet. Mehrere Sprecher haben die europäischen Regierun­gen für die unmenschlichen Verhältnisse in Libyen mitverantwortlich gemacht und sehr klar ihre zentrale Forderung benannt: Evakuierung jetzt! An einen sicheren Ort! Keine (un)freiwilli­gen Rückführungen in die Herkunfts- oder in andere Transitländer, wie es UNHCR und IOM praktizieren und propagieren.

https://moving-cities.eu lautet der Titel einer neuen Webseite, auf der - Stand vom 31.10.21 - insgesamt 747 Städte aus ganz Europa versammelt sind, die sich für eine andere Migrations­politik aussprechen. Über 30 Bürgermeister:innen hatten im Juni diesen Jahres in Palermo die „internationale Allianz der sicheren Häfen“ ausgerufen. Und all diese Municipalities könn­ten jetzt auch eine wichtige Rolle spielen, um auf institutionellen Ebenen Druck zu machen für Aufnahmeprogramme: indem sie nicht nur erklären, dass sie die Protestierenden aus Tri­polis willkommen heißen, sondern auch konkret mitwirken, der Evakuierungsforderung Nach­druck zu verleihen.

Das zentrale Mittelmeer ist seit vielen Jahren eine der tödlichsten Fluchtrouten der Welt und einer der umkämpftesten Räume an den EU-Außengrenzen. Frontex und die Push-Back-Kolla­boration mit libyschen Milizen bleiben ein mediales Thema, die zivilen Rettungsschiffe und das Alarm Phone sorgen für eine anhaltende kritische Öffentlichkeit. Anläßlich der erneuten Eskalation in Libyen hat sogar der Papst direkte Stellung bezogen. Für die nächsten Wochen besteht gleichermaßen die Dringlichkeit wie auch die Chance, im breiten Bündnis - und from the Sea to the City! - die Forderungen aus Tripolis nicht nur unüberhörbar sondern auch durchsetzbar zu machen.

In diesem Sinne,

Solidarische Grüße vom Kompass-Team