Kompass-newsletter Nr. 125 - 06/2024
8. Juni in vielen Städten: Demonstrationen gegen Rechtsextremismus +++ 14. Juni: ein Jahr Pylos-Massaker +++ 20. Juni in Potsdam: Jugendliche ohne Grenzen zur IMK +++ Pylos 9 in Griechenland: alle Verfahren eingestellt +++ El Hiblu 3 in Malta: kein Ende des Unrechts +++ Echoes No. 12: Liberation Days +++ Maldusa: Zeugnis des Grauens von der Hafenmole +++ Alarm Phone zum Western Med & Children on the Move +++ Ausblick: 21.8. bis 25.8.: We`ll Come United-Summercamp in Thüringen
Liebe Freundinnen und Freunde.
„Am 09. Juni sind Europawahlen und für uns steht eine Sache fest: Eine Stimme abgeben reicht nicht. Vielmehr wollen wir gemeinsam unsere Stimmen gegen den europäischen Normalzustand erheben.(…) In diesem Sinne wollen wir am 08. Juni 2024 – im Rahmen der zahlreichen Kundgebungen und Demonstrationen von „Vote of the Year“ gegen Rechtsextremismus – (in Frankfurt/Main) auf dem Römer einen Raum schaffen, an dem unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen, die allzu oft ungehört bleiben: Stimmen von den Außengrenzen, Stimmen aus den Flüchtlingslagern, Stimmen aus der Abschiebehaft, Stimmen aus den Kirchenasylen, Stimmen aus den alltäglichen Kämpfen für gleiche Rechte für alle Menschen und vielen mehr….“
Diese Einladungssätze aus Frankfurt greifen auf, was auf der Konferenz von We`ll Come United Ende April diskutiert wurde: sich einzumischen am Tag vor den Europa-Wahlen, wenn in über einem Dutzend Großstädten in Germany zu erneuten Grossdemonstrationen gegen Rechtsextrem aufgerufen wird. Der erwartete Rechtsruck wird sich - zumal auf europaweiter Ebene - kaum aufhalten lassen, doch könnten neue starke Mobilisierungen zeigen, dass die Massendemonstrationen vom Anfang des Jahres kein Strohfeuer bleiben. Und wo immer möglich, sollten Stimmen hör- und sichtbar werden, die sich nicht nur gegen Vertreibungspläne der Zukunft sondern gegen die Politiken der Ausgrenzung und Abschiebungen der Gegenwart wenden.
Am 14. Juni jährt sich das sog. Pylos-Unglück, bei dem über 600 Menschen ums Leben gekommen sind, mutmaßlich verursacht durch die griechische Küstenwache, die versucht hatte, das Boot mit einem Tau zu ziehen. Ende Mai sind die Verfahren gegen neun Überlebende - die Pylos 9 - eingestellt worden, u.a. mit der Begründung, dass die angeklagten Vorwürfe außerhalb der griechischen Gerichtsbarkeit stattgefunden hat.
Auf eine ähnlich begründete Einstellung ihres Verfahrens hatten die El Hiblu 3 in Malta gehofft, die unlängst wieder vor Gericht erscheinen mussten. Doch das mittlerweile über fünfjährige Verfahren wird - so die Entscheidung am 30.5.24 - weitergehen, u.a. mit dem unfassbaren Vorwurf des Terrorismus. “We will continue to stand beside them as they weather this cruel injustice. We will stand with the El Hiblu 3 as long as it takes and until they are free,” so reagiert die UnterstützerInnengruppe, die den Angeklagten Mitte April in Valetta einen Menschenrechtspreis verliehen hatte.
Den "europäischen Normalzustand“, der einleitend genannt wurde, verdeutlicht auch ein schwer erträglicher aber sehr lesenswerter Bericht aus Lampedusa, den unlängst Maldusa veröffentlicht hatte und der über das alltägliche und beabsichtigte Grauen an den Außengrenzen der EU Zeugnis ablegt:„.. Ich näherte mich einem der Deckenhaufen und sah, dass sich darunter ein menschlicher Körper befand, kalt und unbeweglich. Ich machte sein Gesicht frei und begann, mit ihm zu sprechen. Sein Blick war völlig abwesend. Er sah mich an, aber es war, als würde er mich nicht sehen, als würde er nichts sehen. Er sprach nicht und bewegte sich nicht. (…) Was an diesem Abend geschah, war Gewalt, das Ergebnis eines institutionellen Willens, der sich mit unterschiedlichen Nuancen und Dynamiken seit Jahren jeden Tag wiederholt. Dieser Mangel an Bereitschaft, die systematisch darauf beharrt, dem Bau von Haftzentren Vorrang vor dem Schaffen einer Infrastruktur zu geben, die eine würdige und angemessene Antwort auf das Phänomen der Migration bieten würde…“. Unbedingt weiterlesen und weiter verbreiten: https://www.medico.de/blog/22-ueberlebende-9-tote-und-15-vermisste-19514
Mit solidarischen Grüßen,
die Kompass-Crew